Betonkorrosion
Struktur der „Betonkrankheit“ entschlüsselt
Nahaufnahme von Rissen in Beton, die aufgrund der Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR) entstanden sind. Bild: Empa |
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Eine zersetzende Alterserscheinung von Beton haben Forschende am Paul Scherrer Institut PSI gemeinsam mit Kollegen des Materialforschungsinstituts Empa untersucht: Die sogenannte Alkali-Aggregat-Reaktion (AAR). Im Zuge der AAR entsteht ein Material, das mehr Raum einnimmt als der ursprüngliche Beton und letzteren im Laufe von Jahrzehnten langsam von innen heraus sprengt. Den genauen Aufbau dieses Materials haben die Forscher nun ergründet. Sie konnten zeigen, dass hier die Atome sehr regelmässig angeordnet sind, es sich also um einen Kristall handelt. Auch den Aufbau dieses Kristalls haben sie entschlüsselt: Es ist eine Silizium-Schichtenstruktur, die in dieser Form noch nie zuvor beobachtet wurde. Diese Erkenntnis verdanken die Forschenden Messungen an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS am PSI. Die Ergebnisse könnten helfen, zukünftig langlebigeren Beton zu entwickeln. Die Idee zur Strukturanalyse am PSI kam von Andreas Leemann, Forscher im Bereich Betontechnologie an der Empa. Leemann beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema AAR, doch bislang konnte nur die chemische Zusammensetzung des Reaktionsprodukts bestimmt werden, welches den Beton sprengt. Die Struktur war bislang unbekannt – in der Literatur war bislang meistens von einem Gel die Rede. Diese Annahme konnte das Forscherteam nun widerlegen. „Die Risse im Beton, in denen sich das Material ausdehnt, sind typischerweise 5 bis 50 Mikrometer breit – zu klein für eine klassische Röntgenstrukturanalyse“, erläutert Leemann. Erst mit der speziell fokussierten Strahlung am SLS war es möglich, die winzigen Kristalle zu erkennen und zu charakterisieren. |
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Weltweites Problem Bei der AAR sind die Zutaten des Betons selbst das Problem: Zement – der Hauptbestandteil von Beton – enthält Alkalimetalle wie Natrium und Kalium. In den Beton eindringende Feuchtigkeit wird dadurch zu einer Lauge. Die zweite Hauptzutat von Beton sind Sand und Kies. Diese wiederum bestehen unter anderem aus Silkaten, beispielsweise Quarz oder Feldspat. Mit diesen Silikaten reagiert nun das alkalische Wasser und führt zur Bildung von sogenanntem Alkali-Kalzium-Silikat-Hydrat. Dieses kann Feuchtigkeit aufnehmen, dehnt sich aus und sprengt mit der Zeit den Beton von innen. Dieser gesamte Prozess nennt sich Alkali-Aggregat-Reaktion AAR. Der Prozess startet typischerweise fünf bis zehn Jahre, nachdem die Brücke gebaut worden ist. Zunächst entstehen winzige Risse, die mit blossem Auge nicht sichtbar sind. Im Laufe von drei, vier Jahrzehnten wachsen die Risse auf beträchtliche Breite und bedrohen schliesslich die Dauerhaftigkeit des gesamten Bauwerks. |
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Lichtmikroskop-Aufnahme eines Gesteinskorns in einem AAR-geschädigten Beton. Die AAR hat das Gesteinskorn gesprengt. Der Riss weitet sich allmählich und wird durch das Reaktionsprodukt der AAR gefüllt. Jedes Mal, wenn Feuchtigkeit eindringt, quillt das Füllmaterial, übt Druck aus und vergrössert den Riss erneut. Bild: Empa |
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Ein neuer Kristall Es zeigte sich, dass das Alkali-Kalzium-Silikat-Hydrat eine bisher nie dokumentierte Silizium-Schichten-Kristallstruktur aufweist. „Normalerweise darf derjenige, der einen noch nicht katalogisierten Kristall entdeckt, diesem einen Namen geben“, erklärt PSI-Forscher Rainer Dähn. „Allerdings muss es sich um einen in der Natur gefundenen Kristall handeln. Daher sind wir in diesem Fall nicht zu der Ehre gekommen“, so der Forscher schmunzelnd. Die Kenntnisse über die Kristallstruktur könnte bald dabei helfen, den Betonkrebs in den Griff zu bekommen: „Es gibt prinzipiell die Möglichkeit, dem Beton organische Stoffe beizumengen, die den Spannungsaufbau reduzieren können“, sagt Empa-Forscher Leemann. „Unsere Ergebnisse stellen diese Überlegungen nun auf ein wissenschaftliches Fundament und könnten die Basis zu neuen Materialentwicklungen sein.“ Bilder können heruntergeladen werden unter https://flic.kr/s/aHskoNwE3a |
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