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Quelle: iStock-Foto |
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In den
letzten Jahren stieg die Nachfrage nach vermeintlich
umweltfreundlichen Biotreibstoffen weltweit deutlich an; dies hatte
einerseits einen vermehrten Anbau so genannter Energiepflanzen zur
Folge, andererseits wurden innovative Herstellungsmethoden für
die 2. Generation der Biotreibstoffe entwickelt. Parallel dazu
haben Ökobilanzexperten die Methoden zur Umweltbeurteilung von
Biotreibstoffen verfeinert und weiterentwickelt. Da Biotreibstoffe
grösstenteils aus Agrarerzeugnissen stammen, geht es bei der
teils kontroversen Diskussion über deren
Umweltverträglichkeit im Kern um die Frage, ob die Produktion
von Biotreibstoffen aus ökologischer Sicht vertretbar ist,
oder ob negative Auswirkungen überwiegen, etwa auf die
Nahrungsmittelversorgung in Dürrezeiten oder die Eutrophierung
der nutzbaren Böden. |
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Abbildung 1: Vielfalt der
Umweltauswirkungen im Überblick
(ILCD-Umweltindikatoren).
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Um
darauf eine fundierte Antwort geben zu können, hat die Empa im
Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) und in Zusammenarbeit
mit der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART)
und dem Paul Scherrer Institut (PSI) die Grundlagen für die
Umweltbilanz zahlreicher Biotreibstoffe inklusive ihrer
Produktionsketten aktualisiert. Im Vergleich zur weltweit ersten
derartigen Ökobilanzstudie aus dem Jahr 2007, ebenfalls von
der Empa, hat das Team unter der Leitung von Empa-Forscher Rainer
Zah sowohl neuartige Energiepflanzen und Verarbeitungsprozesse
einbezogen als auch die Bewertungsmethodik auf den neuesten Stand
gebracht. |
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Weniger Treibhausgase – dafür andere
Umweltbelastungen
Trotz grösserer Datengrundlage und aktueller Methodik kommt
die Empa indes zum gleichen Schluss wie schon in der Studie von
2007: Etliche Biotreibstoffe aus Agrarerzeugnissen helfen zwar, den
Ausstoss an Treibhausgasen zu verringern, führen aber zu
anderen Umweltschäden wie übersäuerte Böden und
überdüngte Gewässer. «Die meisten
Biotreibstoffe verlagern also lediglich die Umweltbelastungen:
weniger Treibhausgase, dafür mehr anbaubedingte Schäden
an landwirtschaftlich genutzten Böden», so Zah. Das
führe dazu, dass nur wenige Biotreibstoffe eine insgesamt
bessere Ökobilanz als Benzin aufweisen, allen voran Biogas aus
Rest- oder Abfallstoffen, das – je nach Ausgangsmaterial
– die Umwelt bis zur Hälfte weniger belastet als Benzin.
Und innerhalb der Biotreibstoffe haben Ethanol-basierte Treibstoffe
tendenziell eine bessere Ökobilanz als diejenigen auf
Öl-Basis; die Ergebnisse hängen allerdings erheblich von
der individuellen Herstellungsart und -technologie ab. |
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Abbildung 2: Entwicklung von
Treibhausgasemissionen und aggregierter Umweltbelastung (Schweizer
Umweltbelastungspunkte, UBP) für ausgewählte
Biotreibstoffe von 2007 zu 2012. |
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Neue Erkenntnisse zur Treibhausgasbilanz von
Biotreibstoffen
Die neue Methodik erlaubte es Zah und seinen Kollegen aber auch,
«Schwächen» der früheren Studie zu beheben.
So unterschätzten die Forscher 2007 die Auswirkungen der
Umwandlung natürlicher Flächen, etwa die Rodung von
Regenwald, auf die Treibhausgasbilanz. Die aktuelle Studie zeigt
nun, dass Biotreibstoffe aus Rodungsflächen in der Regel mehr
Treibhausgase ausstossen als fossile Treibstoffe. Dies gilt auch
für eine indirekte Landumwandlung, wenn also bestehende
Agrarflächen erstmals für die Biotreibstoffproduktion
verwendet werden und deshalb Waldflächen gerodet werden
müssen, um die bisherige Nahrungsmittel- oder Futterproduktion
aufrechtzuerhalten. |
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Positive
Effekte können dagegen erzielt werden, wenn der
Energiepflanzenanbau den Kohlenstoffgehalt des Bodens erhöht,
beispielsweise durch den Anbau von Ölpalmen auf ungenutztem
Weideland in Kolumbien oder durch Jatrophaplantagen in Indien und
Ostafrika, wodurch verödetes Land wieder urbar gemacht wurde.
«Trotzdem kann man nicht generell von Jatropha als
'Wunderpflanze' sprechen, da deren Ökobilanz erheblich von der
landwirtschaftlichen Praxis vor Ort und der vorherigen Nutzung des
Landes abhängig ist», sagt Zah. Jeder (neue)
Biotreibstoff müsse daher genau und separat unter die Lupe
genommen werden. |
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Was gilt es bei der Biotreibstoffproduktion zu
beachten?
Obwohl der Teufel also im Detail steckt, können
einige wenige generelle Empfehlungen abgeleitet werden:
- Wald und Buschland zu roden, um darauf Energiepflanzen
anzubauen, ist zu vermeiden; dies verschlechtert die
Treibhausgasbilanz erheblich, was die Umwelt insgesamt deutlich
stärker belastet.
- Werden Agrarflächen für die Biotreibstoffproduktion
genutzt, sollte eine indirekte Landumwandlung möglichst
verhindert werden, zum Beispiel durch einen obligaten Nachweis,
dass die verdrängte Produktion dank zusätzlicher
Intensivierung keine indirekten Effekte bewirkt.
- Günstig erweist sich die energetische Nutzung land- und
forstwirtschaftlicher Reststoffe wie Stroh, Grüngut und
Restholz – aber nur, wenn diese nicht schon anderweitig
genutzt werden, oder wenn deren Entzug aus dem natürlichen
Kreislauf nicht die Fruchtbarkeit der Böden und die
Biodiversität verringert.
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